Wie wird KI die Benutzeroberfläche verändern?

DAS WICHTIGSTE IM ÜBERBLICK

Auch wenn KI immer bessere Ergebnisse bei der Entschlüsselung menschlicher Sprache erzielt, fehlt es ihr noch an der Fähigkeit, die zahlreichen Idiome und Redewendungen zu verstehen, die in allen Sprachen der Welt vorkommen. Dennoch bewegt man sich weg von Tastaturen, Mäusen und Tippen hin zu dem, was eines Tages Null-Befehls-Schnittstelle sein könnte.

Künstliche Intelligenz (KI) stellt einen grundlegenden Wandel in der Art und Weise dar, wie Computertechnologie entwickelt und eingesetzt wird. Im Grunde aber geht es um einen neuen Weg der Interaktion des Menschen mit dem digitalen Umfeld.

Es wurde bereits viel darüber geschrieben, wie KI eine dialogorientierte Form der Interaktion mit Computern ermöglicht, im Gegensatz zu den bisher üblichen Methoden des Schreibens, Klickens und Tippens.

Künftig dürften Nutzer nur noch wenig oder gar keine Ausbildung oder Fähigkeiten mehr benötigen, um mit einem digitalen System zu kommunizieren.

Wir werden unsere Wünsche äußern, und der intelligente Bot, sei es ChatGPT oder ein anderer intelligenter virtueller Assistent, wird oder sollte zumindest ihnen folgen.

Es geht jedoch nicht bloß um eine neue Methode, etwas zu erledigen. Es ist ein grundlegender Wandel in der Beziehung zwischen der biologischen Intelligenz (uns) und der künstlichen Intelligenz, die wir geschaffen haben.

Was ist eine Benutzeroberfläche?

Bei einer Benutzerschnittstelle (engl. User Interface, UI) handelt es sich um das Mittel zur Bedienung eines Computers.

Sei es ein Desktop/Laptop, ein Mobiltelefon, ein Geldautomat oder ein anderes digitales Gerät, die Benutzeroberfläche ist die Art und Weise, wie wir unsere Wünsche kundtun.

Einige User Interfaces sind sehr einfach, wie z. B. ein Tastenfeld oder sogar eine Schaltfläche. Andere wiederum erfordern umfassende Kenntnisse oder die Fähigkeit, sich durch eine vielschichtige Menüstruktur zu bewegen.

Manche UIs setzen überhaupt keine Aktion des Nutzers voraus: So öffnen Retina-Scanner Türen, wenn man sie nur ansieht. Bei Mauttranspondern wird allein durch das Vorbeifahren eine Reihe von Vorgängen ausgelöst.

Wie hat sich die Benutzeroberfläche im Laufe der Jahre verändert?

Die ersten Schnittstellen gehen auf die frühesten Rechner zurück. Die ENIAC-Maschine wurde während des Zweiten Weltkriegs von der University of Pennsylvania entwickelt.

Ähnlich wie Telefonisten damals Anrufe verbanden, nutzte sie eine Steckplatte, um Anweisungen von Programmierern an das auf Vakuumröhren basierende Gerät zu übermitteln.

Im Laufe der 1950er und 1960er Jahre wurden Tastaturen nach dem Vorbild von Schreibmaschinen zum bevorzugten Mittel der Computerbedienung. Später wurde ihr Einsatz durch zahlreiche Sonderfunktionen erweitert.

Die meisten dieser Geräte nutzten zur Umsetzung von Ideen in Programme die Batch-Verarbeitung und Lochkarten. Schließlich entwickelten sie sich zu Befehlszeilenschnittstellen (engl. Command Line Interfaces), die sofort auf Bildschirmen angezeigt werden konnten.

Die erste grafische Benutzeroberfläche (engl. Graphical User Interface, GUI) wurde in den 1970er Jahren von Xerox vorgestellt. Seitdem wird sie von Apple, IBM, Microsoft und anderen für alle möglichen Computergeräte laufend aktualisiert.

Was ist eine absichtsbasierte Benutzeroberfläche?

Jede dieser früheren Benutzerschnittstellen vereinfachte und straffte das, was im Grunde derselbe Ansatz für die Programmierung ist: die genaue Vermittlung des Prozesses, mit dem der Computer das erwartete Ergebnis erzielen soll. 

Künstliche Intelligenz stellt jedoch einen völlig neuen Ansatz dar, da wir dem Gerät nicht mehr sagen müssen, wie es etwas tun soll. Stattdessen geben wir ihm vor, was zu tun ist. Ein intelligenter Algorithmus im Inneren der Maschine übernimmt dann einfach die Aufgabe.

Diese absichtsbasierte Benutzeroberfläche (engl. Intent-Based UI) gibt einen Großteil der Kontrolle an das KI-Modell ab. Ihr Auftrag wird dadurch erfüllt. Die eigentliche Interaktion zwischen dem User und dem Computer wird drastisch reduziert.

Nur wenn die Ergebnisse falsch oder nicht zufriedenstellend sind, muss der Benutzer erneut eingreifen. Dies geschieht in der Regel, wenn die ursprüngliche Absicht falsch oder unklar ausgedrückt wurde.

Was sind die praktischen Vorteile von absichtsbasierten Schnittstellen?

Die Intent-Based UI spart nicht nur viel Zeit und Mühe, sondern demokratisiert auch die großartigen Möglichkeiten des modernen digitalen Umfelds für Menschen, die sonst keinen Zugang dazu hätten.

Selbst die Allgegenwart von Mobiltelefonen hat nicht jedem Zugriff auf die vernetzte Welt verschafft. Nur diejenigen, die sich Zeit nehmen und sich anstrengen, lernen alle Funktionen und Merkmale der von ihnen gewählten Benutzeroberfläche kennen.

Mit einer absichtsorientierten Benutzeroberfläche muss man jedoch nur seine Wünsche äußern oder sie eintippen. Das Gerät erledigt dann die Aufgabe.

Viele Nutzer haben bereits die Bequemlichkeit der Frage Wo gibt es das billigste Benzin in meiner Nähe? erkannt. Um die Antwort zu erhalten, muss man keine App starten, die Anfrage eintippen und dann auf einer Karte herauszoomen. 

Da KI-Anwendungen immer innovativer und ausgefeilter werden, wird dieses Prinzip auch für komplexere Anfragen gelten, wie z. B. Erstelle eine originelle Grafik, die den Umsatz für das nächste Quartal abbildet oder Schreibe ein Programm, das die Kundenzufriedenheit mit unseren zuletzt hinzugefügten Funktionen vergleicht.

Welche Nachteile gibt es?

Auch mit einer absichtsbasierten Benutzeroberfläche ist ein Computer immer noch ein Computer. Seine Leistung ist nur so gut wie seine Programmierung und die Daten, die er sammeln kann.

Ein schlecht trainiertes KI-System mit Zugang zu begrenzten Ressourcen wird fehlerhafte Ergebnisse liefern, und keine Benutzeroberfläche kann daran etwas ändern.

Trotz der erheblichen Fortschritte der KI bei der Entschlüsselung der menschlichen Sprache kann sie noch lange nicht die zahlreichen idiomatischen Redewendungen und Ausdrucksformen erfassen, die in vielen Sprachen rund um den Globus vorkommen.

Deshalb sollte die Interaktion mit KI über die Intent-Based UI irgendwo in der Mitte zwischen dem, was Menschen sagen, und dem, was intelligente Algorithmen verstehen können, stattfinden.

Für den Nutzer ist dies natürlich wesentlich weniger aufwändig als das Erlernen einer Programmiersprache oder das Eintauchen in die Tiefen einer menübasierten Plattform.

Was wird nach der IB-UI kommen?

Einige Experten sprechen von Null-Befehls-Schnittstellen, ähnlich wie bei den oben erwähnten Scannern und Mauttranspondern, die aber auf komplexere Vorgänge ausgerichtet sind.

Nach diesem Konzept wird KI erkennen können, was wir wollen, ohne dass wir unsere Wünsche überhaupt äußern müssen.

Wenn das vierteljährliche Verkaufsmeeting ansteht, werden natürlich die Umsatzdaten des vorangegangenen Quartals benötigt. Sie müssen so umfassend und vorausschauend sein, wie es nur möglich ist.

Ist Dienstag ein Einkaufstag, muss eine Liste erstellt, der Transport organisiert, auf Gutscheine und Rabatte zugegriffen werden usw.

Das mag ein hoher Anspruch sein, aber KI-Trends werden von größerer Effizienz und Bequemlichkeit angetrieben. Die Kunst wird darin bestehen, die Algorithmen so zu trainieren, dass sie das tun, was getan werden muss.

Dabei dürfen sie aber nicht so weit gehen, dass sie schädliche Maßnahmen ergreifen, die später wieder rückgängig gemacht werden müssen.

Darüber hinaus wird daran gearbeitet, KI zum Lesen von Gehirnscans und zum Entschlüsseln von Gedanken zu befähigen. Es gibt sogar sehr einfache direkte Schnittstellen zwischen Gehirn und Computer (engl. Brain-to-Computer Interfaces, BCI).

Beide Entwicklungen werfen bereits zahlreiche ethische Fragen auf, auch wenn sie sich noch in einem sehr frühen Stadium befinden.

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Arthur Cole

Arthur Cole ist ein freiberuflicher Technologiejournalist, der seit mehr als 20 Jahren über IT- und Unternehmensentwicklungen berichtet. Er schreibt für eine Vielzahl von führenden Technologie-Websites, darunter IT Business Edge, Enterprise Networking Planet, Point B and Beyond und mehrere Anbieterdienste.